Vergessene Klimalösungen 1: Carpooling

In dieser Serie möchte ich Lösungen vorstellen, über die wir in unserer Gesellschaft nicht reden. Das Verrückte ist: Es sind nicht irgendwelche Lösungen mit wenig Wirkung, die wir deshalb vergessen haben. Sondern gerade einige der wirkungsvollsten Lösungen im Kampf gegen die Klimakatastrophe.

Es sind umsetzbare Lösungen.
Bezahlbare Lösungen.
Und es sind Lösungen, die nicht nur CO2 einsparen, sondern auch noch andere positive Effekte haben. Zum Beispiel, weil wir damit zugleich den Hunger bekämpfen, die Gesundheit fördern, Artenvielfalt schützen oder die Gerechtigkeit vergrößern können.

Diese Lösungen machen mir ganz viel Hoffnung, dass wir noch viel erreichen können.
Warum setzen wir sie nicht um? Auch darüber möchte ich in dieser Serie nachdenken. Und was wir tun können, damit diese Lösungen endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen.

So genug der Theorie. Lasst uns die erste vergessene Lösung anschauen:


Carpooling (Fahrgemeinschaften)

  1. Mit Carpooling ließe sich mehr CO₂ einsparen als mit Elektro-Autos.

Project Drawdown berechnet die möglichen Einsparungen durch Carpooling mit 9 Gigatonnen CO₂ (weltweit). Dem gegenüber können mit dem Umstieg auf Elektroautos 7,7 Gigatonnen eingespart werden.

2. Carpooling verursacht keine Kosten

Schild mit Aufschrift: "Ausbau der Autobahn 6 Fahrbahnen". Das Schild ist mit einem roten Kreuz durchgestrichen.

Carpooling umzusetzen, würde nichts kosten.
Es würde sogar sehr viel Geld einsparen, denn weniger Autos bedeutet, weniger Straßenbau, wir bräuchten keine neuen Autobahnen, bräuchten weniger neue Autos, müssten weniger Parkplätze oder Tiefgaragen bauen.
Und die Sprit- oder Stromkosten sind natürlich auch geringer, wenn wir zu viert in einem Auto sitzen statt vier Autos zu fahren.

3. Carpooling spart Ressourcen

Denn wir sparen Beton im Straßenbau ein und beim Bau von Parkplätzen und Tiefgaragen. Straßen verschleißen auch weniger schnell, weil weniger Autos fahren. Und natürlich brauchen wir weniger (E-)Autos - auch hier werden jede Menge Ressourcen gespart.

4. Carpooling spart Raum

Weniger (E-)Autos bedeutet, dass wir weniger Fahrbahnen brauchen. Vielleicht können wir manche in Grünflächen verwandeln, andere in Fahrradwege. Parkplätze können wir in Bibliotheken, Wiesen, Arbeitsplätze oder Spielecken verwandeln.

5. Carpooling ist gut für die Gesundheit

Wenn weniger Autos mit Verbrenner-Motor fahren, gibt es weniger Abgase und Feinstaub in der Luft. Wusstest du, dass in Deutschland mehr Menschen an schmutziger Luft sterben als an Brustkrebs- und Darmkrebs zusammen? Auch hier wieder vergessene Lösungen: Warum stecken wir als Gesellschaft ganz viel Energie in Krebsvorsorge, aber vergessen die Prävention, wenn es um Tod durch Luftverschmutzung geht?

Weniger Autos bedeutet auch weniger Mikroplastik. Denn Reifenabrieb von (E-)Autos und LKW ist die größte Ursache dafür, dass Mikroplastik in die Umwelt gelangt und damit auch in unsere Körper.
Studien zeigen, dass Menschen, die Mitfahrende haben, vorsichtiger fahren. Vermutlich sinkt dadurch auch die Zahl der Autounfälle. Und auch für die Gesundheit von Tieren ist Carpooling gut. Jährlich sterben eine Viertelmillion große Wildtiere im Straßenverkehr und unzählige kleine Tiere. Durch Carpooling würde diese Zahl deutlich sinken.

Auf der Zeichnung sind die positiven Wirkungen, die hier im Artikel beschrieben aufgeschrieben. Pfeile markieren den Zusammenhang zwischen verschiedenen Wirkungen (zum Beispiel ist Klimaschutz auch gut für Gesundheit und Gerechitigkeit)

Carpooling hat so viele positive Wirkungen

6. Carpooling fördert den sozialen Zusammenhalt

Wir leben in einer Zeit der Vereinsamung. 2024 fühlten sich 46% der jungen Leute einsam. Aber in allen Altersgruppen kommt Einsamkeit vor. Sie führt zu einer geringeren Lebenszufriedenheit, gefährdet die psychische und körperliche Gesundheit und sie verstärkt die Tendenz autoritär zu denken und an Verschwörungstheorien zu glauben.
Deshalb sind Maßnahmen wichtig, die den Kontakt zwischen Menschen befördern und den sozialen Zusammenhalt stärken. Eine solche Maßnahmen könnte das Fördern von Fahrgemeinschaften sein.


7. Carpooling lässt sich sofort umsetzen.

Foto von einer Mitfahrbank aus Holz, die neben einem Baum auf einem kleinen Platz vor einer Kirche. Auf einem Pfosten ein Schild "Mitfahrbank" darunter sind Schilder, die nach Bedarf hochgeschoben werden können, um die Richtung anzuzeigen.

Auf Dauer wäre eine gute App, sicher sinnvoll. Die hilft, die passende Mitfahrgelegenheit zu finden. Aber für den Anfang funktioniert es sicher auch mit bestehenden Apps wie nebenan.de, Dorffunk oder Telegram-Gruppen.
Mitfahrbänke lassen sich auch schnell bauen. Bei uns im Dorf gibt es jetzt eine. Sogar mit Schildern, mit denen man anzeigen kann, in welche Richtung man mitfahren mag. Aber sonst brauchen wir nichts, um ab nächster Woche massenweise auf Carpooling umzusteigen. Yeah!

8. Carpooling hat einen positiven Einfluss auf die Soziale Gerechtigkeit

Einmal, weil vor allem ärmere und benachteiligte Menschen in sehr luftverschmutzten Umgebungen leben. Dadurch sind Maßnahmen für saubere Luft auch Maßnahmen für eine gerechtere Verteilung von Gesundheit.

Arme Menschen besitzen auch weniger Autos und wenn sie welche haben (zum Beispiel, weil man auf dem Land auch nicht ohne zur Arbeit kommt), dann sind es meist kleinere Autos. Dadurch tragen sie selbst weniger zur Luftverschmutzung bei, aber sind besonders davon betroffen.

Drei Kreise mit den drei Permakultur-Werten "Für die Erde sorgen", "Für die Menschen sorgen", "Für Soziale Gerechtigkeit sorgen". Ein Pfeil, beschriftet mit "Permakultur" zeigt auf die Stelle, wo die drei Kreise einander überlappen.

Carpooling sorgt auch für eine gerechtere Verteilung des Raums. In unserer Gesellschaft wird ein sehr großer Anteil des öffentlichen Raums für Autoverkehr und Parkplätze reserviert. Wer kein Auto besitz, kann mit diesem Teil des öffentlichen Raums selbst nichts anfangen, ihn nicht nutzen. Und auch wer ein kleineres Auto fährt, nimmt weniger von diesem öffentlichen Raum ein. Wenn wir Parkplätze in barrierefreie Grünflächen verwandeln würden, könnten alle Menschen diesen öffentlichen Raum nutzen.

Als Gesellschaft können wir uns entscheiden, den öffentlichen Raum gerecht zu nutzen, sodass er nicht nur den privilegierteren Menschen zugute kommt. Ein Umstieg von einer Auto-Gesellschaft zur Öffi-Gesellschaft wäre dafür super. Wenn zwischen unserem Dorf und der nächsten Kleinstadt mit Bahnhof alle halbe Stunde ein Bus fahren würde, könnten wir endlich unser (kleines) Auto abschaffen. Aber bis es so weit ist, ist Carpooling eine super Lösung.

DIe drei Werte der Permakultur: Für die Erde sorgen. Für die Menschen sorgen. Für soziale Gerechtigkeit sorgen - als drei Kreise. Wo sich die Kreise überschneiden, ist es Permakultur.

Carpooling ist eine echte Permakultur-Lösung. Denn es geht darum, Ressourcen optimal zu nutzen und einzusparen. Außerdem entspricht Carpooling allen drei Werten der Permakultur.



Warum ignoriert unsere Gesellschaft die Klimalösung Carpooling?

Warum setzen wir diese bezahlbare, sofort umsetzbare, Ressourcen schonende, Gesundheit fördernde und sozial gerechte Klimalösung nicht längst um?

Das hat mit dem Fabrikdenken zu tun. Darum geht es in diesem Blogpost.

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So viele Hoffnung machende Klimalösungen - warum ignorieren wir sie?