So viele Hoffnung machende Klimalösungen - warum ignorieren wir sie?

  1. Viele der wirkungsvollsten Klimalösungen kennst du vielleicht nicht.

Weil wir in der Gesellschaft nicht darüber reden. Wir setzen sie auch nicht um, ignorieren sie. Aber nicht, weil es teure oder komplizierte Lösungen wären. Oder besonders unangenehme Lösungen.
Im Gegenteil, wir ignorieren gerade solche Lösungen, die sich schnell umsetzen ließen, die besonders günstig in der Umsetzung wären, die uns wenig Verzicht abverlangen.

Es sind Lösungen, die Hoffnung machen.
Project Drawdown sortiert Klimalösungen nach ihrer Wirksamkeit und nach den Kosten, die mit ihrer Umsetzung verbunden sind. Als ich die Liste zum ersten mal durchlas, machte mir vieles Hoffnung.

Auf dem Bild ist die Wirkung einer systemischen Lösung dargestellt. Ein Kreis aus dem vier Pfeile nach rechts oben weisen: weniger CO₂, mehr Artenschutz, mehr Gesundheit, mehr Gerechtigkeit. Eine Klimalösung, viele positive Wirkungen.

Zum Beispiel dass viele Klimalösungen noch andere positive Effekte haben, auf den Artenschutz, die Gesundheit oder die soziale Gerechtigkeit. Wir können damit also mehrere Krisen gleichzeitig angehen.
Hoffnung hat mir auch gemacht, dass viele Lösungen sogar Geld einsparen. Dann kann es doch keine Hindernisse geben, sie umzusetzen? Vor allem aber machte mir Hoffnung, dass manche Lösungen sehr schnell umsetzbar wären.

Inzwischen sind wir zehn Jahre weiter. Und mir fällt auf, dass wir als Gesellschaft und vor allem die Politik, bisher viele dieser Hoffnung machenden Lösungen ignoriert haben.


2. Drei Beispiele für vergessene Klimalösungen

Ganz oben in der Rangliste von Project Drawdown steht eine Lösung, mit der wir mehr als doppelt so viel CO2 einsparen könnten, wie durch Wärmepumpen (9 Gt) , Gebäudeisolierung (16 Gt), Elektroautos (8 Gt) und Geothermie (6 Gt) zusammen - nämlich 88 Gigatonnen CO₂.

Diagramm mögliche CO₂-Einsparung: Links aufeinander gestapelt Elektroautos, Geothermie, Wärmepumpe und Gebäudeisolierung zusammen 39 Gigatonnen, rechts ein Balken mit 88 Gigatonnen: Lebensmittelabfälle bis 2050 um 50% vermindern

Aber wir reden über diese Lösung so gut wie gar nicht: Es geht um das Vermindern von Lebensmittelabfällen. Wir müssten dafür bis 2050 die Menge an Lebensmittelabfällen um die Hälfte reduzieren. Könnte machbar sein, oder?

Und wusstest du, dass wir mit Carpooling mehr CO2 einsparen könnten als mit dem Umstieg auf Elektroautos? Das hätten wir vor 10 Jahren von einem Tag auf den anderen umsetzen können. Dazu hätte es nicht viel gebraucht außer einer guten App und finanziellen Anreizen. Und Mitfahrbänken und anderen kreativen Ideen. Warum haben wir diese Lösung gesellschaftlich nicht mal angedacht? Nicht statt Elektroautos, aber zusätzlich?


Noch so eine vergessene Klimalösung: den landwirtschaftlichen Boden verbessern und Humus aufbauen. Das ist eine Lösung, die nicht nur CO₂ einspart, sondern auch wichtig ist als Maßnahme gegen die Folgen der Erderwärmung, für unsere Gesundheit und gegen das Artensterben.
Eine Studie im Auftrag von Greenpeace zeigt, dass die Bundesregierung und die EU umweltschädliche Praktiken in der deutschen Landwirtschaft jährlich mit rund sechs Milliarden Euro subventionieren und so die Klimakrise und das Artensterben verschärfen.

Warum werden diese Subventionen nicht stattdessen für klimafreundliche Maßnahmen wie Boden verbessern eingesetzt?

Das ist doch verrückt!

Es ist aber kein Zufall. Sondern hat mit dem Fabrikdenken zu tun.


3. Das Fabrikdenken

Das Fabrikdenken herrscht seit Jahrhunderten in unserer Gesellschaft. Und ist so auch in unseren Köpfen gelandet.

Wenn wir durch die Brille des Fabrikdenkens schauen, ist Carpooling uninteressant. Oder eher: vollkommen undenkbar. Elektro-Autos dagegen passen ziemlich gut in die Logik des Fabrikdenkens:

Kopf in Form einer Fabrik. Darin Steht: Es geht nur um Profit. Euro-, Dollarzeichen


Im Fabrikdenken dreht sich alles um Profit. Nur was verkäuflich ist, zählt. Und so beurteilt es dann auch die Klimalösungen nur im Blick auf mögliche Profite. Elektroautos kann man kaufen und Profit damit machen. Aber am Carpooling verdient niemand. Im Gegenteil, es wird sogar Geld gespart. Das sollte für die Gesellschaft eigentlich eine tolle Sache sein. Von dem Geld könnten wir ja Schulen bauen, Wälder pflanzen, Pflegekräfte besser bezahlen oder unsere Städte und Dörfer auf die Klimakatastrophe vorbereiten. Aber all das zählt im Fabrikdenken nicht. Stattdessen hat es nur die Interessen großer Unternehmen im Blick und wählt Lösungen, die diesen Unternehmen Profit garantieren. Das sind meistens technische Lösungen, weil man die gut verkaufen kann.

Links Figur mit Fabrik-Kopf, die sagt: Zählt nicht!. Rechts Menschen mit Schildern "Gesundheit", "Glück", "Zukunft" und dahinter ein Baum mit einem Vogel der sagt: Natur und andere ARten

Weil das Fabrikdenken nur in Geld denkt, achtet es auch nur auf finanzielle Kosten und Einsparungen. Ökologische, gesundheitliche oder soziale Kosten oder Gewinne interessieren es nicht. Wie zum Beispiel, dass durch Carpooling weniger Luftverschmutzung entsteht und dadurch weniger Kinder an Asthma sterben. Das Fabrikdenken kann nicht wertschätzen, was unsichtbar ist. Wie Gesundheit, Gerechtigkeit, Glück, sozialer Zusammenhalt. Was sich nicht messen, anfassen und verkaufen lässt, hat im Fabrikdenken keinen Wert. Deshalb interessiert sich das Fabrikdenken nicht dafür, ob Lösungen positive oder negative Folgen auf diese unsichtbaren Dinge hat.
Das Fabrikdenken kann auch die Natur nicht wertschätzen. Es sieht die Natur und alle Lebewesen in der Natur nur als Material, aus dem man etwas herstellen kann. Und damit Profit machen.

Fabrik-Kopf denkt: "Zu komplex! ich will es einfach haben"

Das Fabrikdenken kann Systeme nicht verstehen. Dies ist eins der größten Probleme unserer Gesellschaft: Wir leben in komplexen Systemen, in denen alles zusammenhängt. Aber wir greifen auf ein Denkmodell zurück, das mit dieser Komplexität nicht umgehen kann.
Weil das Fabrikdenken Systeme nicht versteht, kann es auch nicht erkennen, wie verschiedene Klimalösungen zusammenwirken. Gerade in diesem gegenseitigen Verstärken von verschiedenen Klimalösungen liegt Potenzial verborgen, das wir mit dem Fabrikdenken nicht erkennen können. Denn in Systemen ist 1 + 1 nie 2. Durch die systemische Wirkung kann 1 + 1 schnell 5 werden oder 357.


4. Warum das Fabrikdenken Systeme nicht verstehen kann

Das Fabrikdenken mag es einfach und übersichtlich und es hasst Komplexität. Deshalb trennt es die Welt in kleine handliche Teile auf. Verkehr. Wirtschaft. Gesundheit. Arbeit. Umwelt. Und tut so, als hätten diese Teile nichts miteinander zu tun.

Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Verkehr sind in der Zeichnung durch Linien getrennt.


Das hat für das Fabrikdenken einen großen Vorteil: Es braucht nicht darauf zu achten, was das Handeln in einem “Teil” des Systems für Folgen auf andere Teile des Systems hat. “Da gibt es keine Verbindung”, sagt es. Und ignoriert Abgase, Gesundheitsfolgen und Klimaschäden.

Diese Trennungen sind aber künstlich, sie bestehen nur im Fabrikdenken. In Wirklichkeit ist und bleibt alles miteinander verbunden. Alles was wir in einem “Gebiet” des Systems tun, hat Einfluss auf das ganze System.

Die "Umwelt" als großer Kreis im Hintergrund und Pfeile zeigen die vielen Verbindungen zwischen Wirtschaft, Umwelt, Gesundheit und Verkehr

Wenn man alles getrennt betrachtet, kann man nicht erkennen, welche negativen Nebenwirkungen eine Maßnahme hat. Man sieht nicht, dass Autoverkehr zu Asthma führt. Was Mikroplastik im Ozean mit Erdölförderung zu tun hat. Oder der Einsatz von Pestiziden mit dem Artensterben. Man kann dann auch nicht verstehen, wie unser Steuersystem die soziale Ungleichheit vergrößert. Und warum das die Demokratie gefährdet.

Wenn man alles getrennt betrachtet, kann man auch nicht erkennen, welche positiven Effekte eine Maßnahme hat.


5. Permakultur Design Denken hilft uns, die ganze Kraft von Klimalösungen zu erkennen.

Das Gegenteil von Fabrikdenken ist Permakultur: Denn Permakultur wurde dafür entwickelt, Systeme zu verstehen.

Das Permakultur Design Denken hilft uns zu begreifen, wie sich eine Klimalösung auf das ganze System auswirkt. Sodass wir alle positiven und negativen Auswirkungen von Klimalösungen erkennen können. Vor allem aber hilft es uns zu verstehen, wie verschiedene Klimalösungen zusammenwirken und wie wir diese Lösungen nutzen können, um viele positive Effekte gleichzeitig zu bewirken: den CO₂-Ausstoß verringern und CO₂ speichern und Arten schützen und Wasser schützen und Gesundheit verbessern und die lokale Wirtschaft fördern und unsere Ernährung sichern und die soziale Gerechtigkeit verbessern.
Carpooling zum Beispiel hat neben der CO₂-Ersparnis noch viele andere positive Wirkungen. In scheinbar “getrennten” Gebieten. Um diese Wirkungen zu erkennen, müssen wir uns das ganze System anschauen.
Mit dem systemischen Blick der Permakultur können wir erkennen, was die wirklichen Ursachen von Problemen sind. Wenn unsere Lösungen bei diesen Ursachen ansetzen ist großer, kraftvoller Wandel möglich, der viele Probleme gleichzeitig angeht.

Klingt gut? Dann haben wir zwei Wege für dich:

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Eine Serie über die vergessenen Klimalösungen und was es braucht, um sie umzusetzen.

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Vergessene Klimalösungen 1: Carpooling

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